Johannas Hände zittern ein wenig, als sie den Brief in den Händen hält.
Sie liest langsam und mit jeder Zeile, die ihr Herz erreicht, wird ihr wärmer. „Gott, so scheint mir, hat mich Ihnen gegeben; dies wird mir mit jeder Stunde mehr zur Gewissheit“, schreibt Franz. Er will sie an seiner Seite. Das weiß sie nun ganz sicher. Und sie wird ihm folgen.
Erst vor ein paar Monaten hat sie ihn predigen gehört. Wie gebannt hing sie an seinen Lippen, lauschte jedem seiner Worte und ließ sich von ihm berühren.
Weil das, was er sagte, viel tiefer ging, als alles, was sie sonst gehört hatte. „Alles aus Liebe tun und nichts aus Zwang! Mehr den Gehorsam lieben, als den Ungehorsam fürchten“, hatte er gesagt. Das war so anders, als die üblichen Gebetsauflagen, die einem die Kirchenväter mit auf den Weg gaben.
Johanna möchte Gutes tun, die Botschaft Jesu Christi mitten im Leben verbreiten und ihre Lebenszeit nicht allein mit schmerzenden Knien im stillen Gebet verbringen.
Sie antwortet Franz. Schreibt ihm lange Briefe, erzählt ihm von ihrer Trauer, ihrem Schmerz der Vergangenheit und ihrer Sehnsucht nach einem anderen Leben. Selten hat sie einen Menschen getroffen, der so gut zuhören kann wie Franz.
Die Verluste ihres Lebens wiegen schwer auf ihrem Herzen. Sie weiß noch, dass es Momente gab, in denen sie nicht mehr leben wollte, als Christoph, ihr geliebter Ehemann so plötzlich starb und sie mit den Kindern und der Verwaltung der Schlösser auf einmal ganz alleine dastand.
Und immer wieder kommt die Frage: „Wann heiratest du denn nun wieder, Johanna?“
„Gar nicht“, denkt sie dann oft. Am besten wäre es, sie ginge ins Kloster.
Aber Franz hat andere Pläne mit ihr und weil er so fest an sie und ihr Potential glaubt, wagt auch sie es, langsam auf die Erfüllung ihrer Träume zu hoffen. Aber erst muss sie für die Kinder da sein. „Sie brauchen ihre Mutter, Johanna“, hatte Franz ihr bei einem ihrer letzten Treffen gesagt und sein Lächeln hatte sie bestärkt, ihre Träume nicht aus den Augen zu verlieren. „Der richtige Zeitpunkt wird noch kommen“, versichert er ihr.
Er soll recht behalten.
„Einen kostbareren Freund und Wegbegleiter hättest Du mir nicht schenken können, Herr“, betet Johanna manchmal.
Einige Jahre vergehen und dann ist es soweit: Sie traut sich und gründet gemeinsam mit Franz einen Orden. Für Frauen, die denken und fühlen, wie sie selbst. Die sich Gott nahe fühlen und die doch auf die Straßen gehen, um Armen und Kranken zu helfen.
Weil Gott überall wohnt.
Die „Salesianerinnen“ werden zu Johannas Herzensanliegen und Lebenswerk.
Am heutigen Tag und am 12. August feiern viele Johannas, Hannas, Annas und alle Frauen, deren Namen ähnlich klingen, Namenstag.
Johanna heißt eigentlich: Johanna Franziska von Chantal und hat im 16.Jahrhundert gelebt. Gemeinsam mit dem Bischof Franz von Sales gründete sie den Orden der Salesianerinnen. Beide sind nach ihrem Tod heiliggesprochen worden.
Worte: Hanna Buiting | Bild: Charlotte Viefhaus – www.charlottes-augenblicksammlung.blogspot.de
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