Lichtworte

Begegnung

10. Dezember 2012

Im Treppenhaus lag auf einer der Stufen heute eine kleine weiße Feder.
Ich habe sie aufgehoben und behutsam gedreht und gewendet.
Über den zarten, weichen Flaum habe ich gestrichen, als wäre sie ein Neugeborenes, behutsam und voll Bedacht.
Ich weiß nicht, ob es an der Adventszeit liegt oder daran, dass ich Christin bin.
Aber ich musste an einen Engel denken.
Ein Engel, der sich leise an mein Leben schmiegt, spürbar nur an manchen Tagen.
Vielleicht hat er auf einer der Treppenstufen gesessen und ein Päuschen eingelegt,
während ich meinen Tag bestritt.
Ich musste an einen Engel denken, während ich diese kleine Feder betrachtete und mir wurde ganz warm ums Herz.
Aber dann fiel mir die Weisheit ein, dass, wer Engel sucht und nur auf die Flügel achtet, eine Gans nach hause bringen könnte.
Und so habe ich die Feder dem Wind überlassen, sie aus dem Fenster gepustet und mich lieber wieder der Suche nach echten Engeln gewidmet, die vielleicht keine Flügel haben
und es doch vermögen, zu beflügeln.

*Die Weisheit stammt übrigens von Georg Christoph Lichtenberg.


Worte: Hanna Buiting | Bild: Andreas Buiting

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